BREMERHAVEN BUS testet Wasserstoff

Foto Wasserstoffbus

Die Zeichen sind gesetzt, die Richtung ist vorgegeben: Bremerhaven setzt auf Wasserstoff.

Nachdem einige Besichtigungstermine bei anderen Verkehrsunternehmen stattgefunden haben, um sich unterschiedliche Hersteller von Wasserstoffbussen anzuschauen, lief parallel dazu auch schon eine europaweite Ausschreibung über die Anschaffung mehrerer Solo-Wasserstoffbusse.

Als es dann nach mehreren technischen Gesprächen und Verhandlungen zu einer Entscheidung kam und der Hersteller feststand, wollten wir diesen Bus der Zukunft natürlich auch als Vorführbus nach Bremerhaven bekommen.

So geschah es dann quasi bei Nacht und Nebel, dass das Objekt der Begierde, aufgesattelt auf einem Tieflader, an einem Samstagabend an der Hexenbrücke ankam.

Der Fahrer des Sattelzuges erklärte uns dann noch in Form eines Quickstarts, wie denn das Fahrzeug, bzw. die Brennstoffzelle (BZ) gestartet und das Fahrzeug bewegt werden kann.

Wasserstoffbus von oben

Dienstag, der 23.11.2021
Der Tag der Besichtigung und Probefahrt mit Vertretern aus Politik und Presse:

Ernüchterung macht sich breit…der sieht ja aus wie ein ganz normaler Bus. Die gleichen Türen, ein Fahrerplatz, ein Lenkrad, ein paar Hebel und Knöpfe, Sitz- und Stehplätze, Haltestangen, eine Druckluftbremse und wenn man Gas gibt, fährt er los.

Aber jedem ist aufgefallen, dass irgendetwas fehlt. Und zwar das bekannte, blubbernde Geräusch, eines vor lauter Drohmoment strotzendem Dieselmotor.

Im Gegensatz dazu blubbert bei einem Wasserstoffbus max. ein wenig Wasserdampf aus Richtung Brennstoffzelle und die E-Motorleistung mit 180 KW sorgt auch hier für ein anständiges Drehmoment.

Kein Verbrennungstakt, keine Getriebeschalterei und keine großen Gebläsemotoren sorgen bei der BZ für unnötige Lärmbelästigung. Außer vielleicht die übrigen Verkehrsteilnehmer mit herkömmlichem Antrieb.

Primär werden sich die Vorteile dieser Fahrzeuge, wie Laufruhe und Emissionsfreiheit, in Fußgängerzonen, verkehrsberuhigten Straßen und in den Abendstunden von ihrer besten Seite zeigen.

Aber was genau passiert denn eigentlich, wenn der Fahrer auf´s Gaspedal tritt?

Im Fahrzeug ist eine Brennstoffzelle verbaut, die gespeist wird von fünf Tanks mit einem Gesamtvolumen von 37,5 kg Wasserstoff. Dieser wird in der Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt. Diese wiederum wird einer Pufferbatterie zugeführt, die damit einen Elektromotor mit 180 KW antreibt und über eine herkömmliche Kardanwelle an die Antriebsachse weiterleitet…und schon geht die Reise los.

Foto Motor

Bei einem innerstädtischen Verbrauch von ca. 9kg/100km hat der Bus eine Reichweite von 400 km. Eine KM-Leistung, welche für unsere Umläufe völlig ausreichend ist.

Wenn der Bus dann abends von Linie nach Hause kommt, muss er natürlich genau wie die Verbrenner wieder vollgetankt werden. Hier lässt sich das Fahrzeug in weniger als 9 Minuten mit einem Druck von bis zu 350 bar befüllen.

Pkw werden übrigens mit Drücken um die 700 bar befüllt. Somit bekommt man ca. 60 % mehr Wasserstoff in die Tanks und hat gleichzeitig eine größere Reichweite. Allerdings sind diese Tanks aufgrund der Verarbeitung zum einen teurer und zum anderen gelten hier höhere Sicherheitsanforderungen. Ob und wann diese Technik auch bei Bussen eingesetzt werden darf, kann man jetzt noch nicht sagen. Wird aber vielleicht interessant, wenn die ersten BZ-Gelenkbusse die Straßen erobern wollen.

Foto Tankvorgang

Fazit der Besichtigung nebst Probefahrt:

Wir sind natürlich, wie zu erwarten, heile und um einiges schlauer, zu unserem Betriebshof zurückgekehrt. Das Fahrzeug und der Antrieb haben einen soliden Eindruck hinterlassen und machen Hoffnung auf eine vielleicht in Zukunft sauberere Umwelt!

Jetzt muss nur noch eine entsprechende Tankstelle entstehen und die Werkstatt soweit ertüchtigt werden, dass hier in Zukunft auch Wasserstofffahrzeuge repariert werden dürfen.

Und last but not least müssen natürlich auch unsere Werkstattmitarbeiter entsprechend geschult werden, um an den Wasserstoff-Komponenten und der Hochvolttechnik arbeiten zu dürfen!

Foto Heckklappe Hochvolttechnik

Ach ja…..Hier noch ein paar Stellungnahmen der Kollegen:

  • “cool, freue mich auf die neuen Herausforderungen“
  • “voll spannend“
  • “coole Kamera-Außenspiegel mit Monitor“ …haben wir allerdings nicht bestellt 😉
  • “bin ich froh, dass ich bald in Rente darf“

Frohe Weihnachten und eine schöne Zeit!

Jens Wefer

2 Gedanken zu „BREMERHAVEN BUS testet Wasserstoff“

  1. Der Wasserstoffbus hat den Vorteil, das er keine mit großem Aufwand – und alles andere als umweltfreundliche – Lithiumbatterien braucht. Ich gehe dabei einfach mal davon aus, das man von Seiten der Hersteller darauf geachtet hat, das die Gefahren, die sich im Betrieb von und mit Wasserstoff ergeben, abgesichert sind. Niemand möchte ein „Lakehurst“ in einer öffentlichen Straße. (Für die Jüngeren und die, die es in Geschichte heute nicht mehr gelehrt bekommen: 1933 explodierte das Luftschiff „Hindenburg“ bei der Landung in Lakehurst, da sich der Wasserstoff, der sich in diesem Luftschiff befand, entzündet hatte.

    MfG
    Thorsten Bartel

    1. Hallo Thorsten,
      auch ein Wasserstoff-Bus ist im Grunde ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug.
      Hier wird aus Wasserstoff mittels Brennstoffzelle Strom erzeugt, welcher dann über E-Motoren den Bus bewegt.
      Hier unterscheidet man zwischen einem Range-Extender, einem E-Fahrzeug mit relativ großer Batterie, welches mit einer kleinen Brennstoffzelle die Batterie während der Fahrt auflädt, um so die Reichweite zu verlängern.
      Und dann gibt es den Fahrzeug-Typen, für den wir uns entschieden haben. Zwar auch elektrisch, aber nur mit einer Puffer-Batterie versehen, die die erzeugte Energie sofort an den E-Motor weitergibt. Diese Fahrzeuge können morgens direkt los fahren, ohne die Nacht über geladen zu werden.
      Was die Gefahr angeht: Jedes Medium, welches in der Lage ist, tonnenschwere Geräte anzutreiben, sollte man mit Vorsicht genießen…angefangen beim kleinsten Dampfkessel 😉 Ich bin davon überzeugt, dass wir den Umgang mit Wasserstoff gut händeln werden und auch die Hersteller dieser Antriebstechnologie solch ein Fahrzeug nach bestem Wissen und Gewissen konzipieren!

      Zur Info: Das Unglück der Hindenburg ereignete sich im Mai 1937 😉

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